So weit, so gut: Eine Innen- oder Außenmauer ist gelungen und steht dort, wo sie planmäßig stehen soll. Zeit, dass das (halb-) vollendete Werk so richtig "herausgeputzt" wird. Putzmörtel hat neben der optischen Verschönerung von Oberflächen und den Möglichkeiten zu kreativer Wandgestaltung gleichzeitig ganz handfeste bautechnische Aufgaben zu erfüllen. Dieser Artikel soll etwas Licht ins Dunkel der fast unüberschaubaren Produktpalette bringen und zeigen, dass es für jeden Bereich die richtige Putzart gibt. Wir zeigen alle Putzarten im Überblick!

Von Normen und Festigkeitsklassen

Putzmörtel ist der Oberbegriff für eine Vielzahl von Produkten, mit denen Wände und Mauern im Außen- und Innenbereich verputzt werden. Die normierte Einteilung in sogenannte Putzmörtelgruppen gibt Aufschluss darüber, welche Putzart zu welchem Zweck verwendet werden darf und kann. Die Hauptunterteilung erfolgt dabei in sechs Klassen und orientiert sich an den zugrunde liegenden Bindemitteln.

  • P I: Kalkputze (inkl. Wasserkalk- und Luftkalkputze)
  • P II: Kalkzementputze
  • PIII: Zementputze
  • P IV: Gipsputze, Gipskalkputze
  • P V: Anhydrit-, Anhydritkalkputze (Gipsanteil höher als in P IV)

Kunstharzputze (auch Dispersionsputze genannt) werden als organische Putze unter dem Oberbegriff P Org erfasst. Lehmputz gehört zu den mineralischen Putzen und nimmt eine Sonderstellung ein.

Ergänzt wird diese Klassifizierung durch eine europaeinheitliche Einteilung, die sich näher am späteren Verwendungszweck orientiert. Hier wurden folgende Abkürzungen festgelegt:

  • GP: Normalputz
  • LP: Leichtputz
  • OC: Einlagiger Außenputz
  • CR: Edelputz
  • R: Reparatur/Sanierputz
  • T: Wärmedämmputz

Die Kürzel CS I bis CS IV geben Aufschluss über die Druckfestigkeit, W0, W1 und W2 bestimmen die kapillare Wasseraufnahme, T1 und T2 die Wärmeleitfähigkeit des getrockneten Putzes.

Putzklasse

Innen

Außen

Bindemittel

Besonderheiten

P I

ja

nein

Kalk

gute Feuchtigkeitsregulierung, aufwändige Verarbeitung

P II

ja

ja

Kalk, Zement

Allround-Putz, robuste Oberfläche

P III

ja

ja

Zement

hohe Druckfestigkeit, wasserabweisend

P IV

ja

nein

Gips, Kalk

„typischer“ Innenputz, leichte Verarbeitung

P V

ja

nein

Gips, Kalk

Wie P IV, höherer Gipsanteil

P Org

ja

ja

Kunstharz

widerstandsfähig, Sockelputz, vielfältige Farbgestaltung

Lehmputz

ja

nein

Lehm, Ton

gutes Raumklima, für Feuchträume ungeeignet

 

Die Zuschläge bestimmen die charakteristischen Eigenschaften

Während die genannten Bindemittel wie Gips, Kalk, Zement und Co. den Grundtypus des Putzmörtels bestimmen, sind es die beigemischten Zuschlagstoffe, über die sich die späteren Einsatz- und Verwendungsmöglichkeiten ergeben.

Die wichtigsten und gebräuchlichsten Zuschlagstoffe sind:

  • mineralische Zuschläge (Sand, Quarzsand, Split, gemahlenes Gestein, Ziegelsplit, Blähton, Perlite)
  • organische Zuschläge (Kunststoffgranulat, Stroh, Häcksel, Polystrol, Tierhaar, Kork)
  • Zusatzmittel (Beschleuniger/Verzögerer, Dichtungsmittel, Haftungsverbesserer, Pigmente wie z.B. Metalloxide)

Hinweis: Oftmals werden insbesondere Gips- oder Lehmputze mit organischen Zuschlägen fälschlicherweise als organische Putze bezeichnet. Für die Klassifizierung als mineralischer oder organischer Putz ist ausschließlich das Bindemittel maßgebend. Somit sind grundsätzlich alle Putze der Klassen P I bis V sowie Lehmputz mineralische Putze.

In der praktischen Anwendung ergeben sich durch die Menge und das Mischverhältnis der Zuschlagstoffe zum Bindemittel die gewünschten Eigenschaften, was die statische Festigkeit (CS-Klassen), die kapillare Wasseraufnahme (W-Klassen) oder die Wärmedämmung (T-Klassen) betrifft.

Die Entscheidung: Welcher mineralische Putz wohin?

Mit dem Wissen um die Tatsache, dass das Bindemittel die "grobe Richtung" vorgibt und die Zuschlagstoffe als "innere Werte" die Einsatzmöglichkeiten des Putzes definieren, wird die Wahl der "richtigen" Putzart deutlich einfacher. Grundsätzlich ist es dabei erfreulich, dass die heute im Handel befindlichen, modernen mineralischen Putze gerade durch ihre Zuschläge und Vergütungen zu "Allroundern" wurden. Im Gegensatz zu früher sind sie um einiges leichter zu verarbeiten.

Tipp: Viele Aussagen und althergebrachte "Weisheiten", die auch heute noch zu Putzarten und Putzsystemen im Umlauf sind, sollte man ignorieren. Sie sind längst überholt und tragen eher zur Verunsicherung bei. Die beschriebenen Kürzel (Klassifizierungen) auf dem Gebinde oder dem Datenblatt sind die präzisere Hilfe.

Dennoch hat jede Putzart ihre besonderen Vorzüge und Nachteile, die in der Praxis berücksichtigt werden sollten. Während beispielsweise Gips-, Kalk- oder Lehmputze mit ihren Vorzügen für ein ausgeglichenes Raumklima- für "normale" Innenräume bestens geeignet sind, stoßen sie in feuchtigkeitsbelasteten Räumen oder im Außenbereich an ihre Grenzen bzw. sind gänzlich ungeeignet (Ein Blick auf die Klassifizierung W0 bis W2 gibt Klarheit). Ein Kalkzementputz mit einer hohen CS-Klasse wird durch seine Unempfindlichkeit in einem vielbenutzten Treppenhaus punkten.

Leichtputze oder Wärmedämmputze (T-Werte) sind optimal auf moderne Ziegelsysteme oder Niedrigenergie-Konzepte abgestimmt.

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Die Luxusklasse: Organische Putze

Dass die Putzklasse P Org etwas Besonderes ist, ergibt sich schon daraus, dass sie werkseitig fertig angemischt auf die Baustelle kommt. Ihr Bindemittel sind Kunstharze, sogenannte Polymerdispersionen, die durch Trocknung aushärten. Das herausragende Merkmal dieses Materials ist die besondere Belastbarkeit des fertigen Putzes, seine Elastizität bei Spannungssituationen des Untergrundes und die Tatsache, dass organischer Putz nahezu überall, selbst auf (grundiertem) Metall verwendbar ist. Dispersionsputz ist wasserabweisend (W2) und eignet sich bestens für kräftige, bunte Farbgestaltungen oder als Trägermaterial für Effekte wie Buntsteinputz oder Glimmerputz. Er kommt so besonders im Sockelbereich für außen in Frage. Einziger Nachteil ist der im Vergleich zu anderen Putzsystemen sehr hohe Preis.

Unterputz, Oberputz und Schlitze

Wenn vom Verputzen die Rede ist, tauchen immer die Begriffe  „Unter- und Oberputze“ bzw.  „Edelputz“ auf. Die Praxis eines Putzaufbaus in zwei Schritten hat bautechnische und ökonomische Gründe: Der Unterputz hat regelmäßig grobkörnigere Zuschläge und ist so besser geeignet, um größere Schichtstärken Unebenheiten und Fugen auf dem Untergrund ausgleichen. Bei Dämmputzen wird der Hauptanteil der dämmenden Zuschläge ebenfalls im Unterputz eingearbeitet. Der Oberputz beinhaltet feinere Zuschläge und ist somit leichter zu verarbeiten und zu glätten. Edelputze sind von ihrer Konsistenz so eigestellt, dass mit ihnen Strukturen und Oberflächengestaltungen möglich sind. In der Regel sind Ober- und Edelputze teurer als Unterputze.

Zum Schließen von Schlitzen im Mauerwerk empfehlen sich Gipsputze, die schnell trocknen. Der Handel bietet hierfür spezielle Putze an, die entsprechend eingestellt sind.

Tipp: Aufgrund der Schichtdicken beim Verfüllen der Schlitze sollte ein gewisses Schwinden des Materials mitkalkuliert werden. Trocknungszeiten müssen beachtet werden, insbesondere wenn mit einer anderen Putzart weiterverputzt wird.

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Untergrund, Verarbeitung und Aufbau

Vor und während der Arbeit mit den unterschiedlichen Putzarten sollten einige ihrer Eigenheiten immer im Auge behalten werden. Dabei ist von entscheidender Bedeutung, dass das Abbinden (Verfestigen) des Putzes und die Trocknung zwei grundverschiedene Vorgänge sind, die parallel ablaufen. Beide sollten idealerweise immer gleichzeitig enden. Beim Verputzen auf feuchte Untergründe oder Mauerwerk bindet der Putz ab und trocknet mit Verzögerung. Es kommt zu den gefürchteten Schwundrissen. Hiervon sind insbesondere die Putzklassen P II bis P IV betroffen. Die Erklärung hierfür ist, dass diese Putzarten beim Trocknen wie schon oben beschrieben schwinden. Solange dies während des Abbinde-Prozesses geschieht, werden entstehende Spannungen ausgeglichen und die Oberfläche bleibt rissfrei.

Im Umkehrschluss benötigt jeder Putzmörtel allerdings genügend Wasser (über das Anmachwasser zu steuern), damit der Aushärteprozess vollständig abgeschlossen wird. Bei Kalkputzen kann fehlendes Wasser zu mangelhaften Ergebnissen führen. Bei mehrschichtigem Aufbau – besonders mit unterschiedlichen Putzarten – kommt einer ausreichenden Trocknung der ersten Schicht die gleiche Bedeutung zu.

Auch wenn die Vielzahl der verschiedenen Putzarten auf den ersten Blick etwas verwirrend erscheinen mag, erlauben die Klassifizerungen und Produktbezeichnungen schnell und sicher einen Überblick über das, was die Materialien können oder nicht. So steht dem Erfolg beim sauberen „Herausputzen“ der vier Wände nichts mehr im Wege.

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