Buchtipp: „Einfach leben“ – Der Minimalismus-Ratgeber
Weniger ist mehr
Gleich zu Beginn der Lektüre erwarten einen sechs lesenswerte Seiten über den neuen, freiwillig gewählten Lebensstil eines Aussteigers. Dieser Einblick eignet sich vorzüglich für vom Konsumrausch befallene Menschen, die sich künftig der Abstinenz zuwenden wollen. Nach einem kurzen Abstecher in die Tinyhouse-Szene, der auch wir uns vor Kurzem in dem Artikel In 4 Schritten zum eigenen Tiny House gewidmet haben, geht es zu einem Leipziger Designer-Ehepaar, das sich bei ebenfalls minimalistischer Lebensführung wünscht, dass „die Leute wieder nachdenken, was sie wirklich brauchen“.
Selber bauen, Altes wieder aufarbeiten und Dinge besitzen, „die mit uns leben und auch Spuren bekommen“ – so lautet ihre Lebensmaxime in einer bewusst ohne Zentralheizung (dafür aber mit gemütlich knisternden Holz- und Kohleöfen) gewählten Altbauwohnung, die mit selbst abgetönten Lehmfarben gestrichen wurde. Die vielen Bilder von selbstgebauten Möbeln und anderen Einrichtungsgegenständen wie auch eine Reihe einleuchtender Argumentationen zum Thema Minimalismus der beiden ideenreichen Bastler machen schon beim Lesen Lust auf Upcycling in seiner schönsten Form. Und sie inspirieren zum Nachmachen.
Einblicke in eine neue Welt
Weiter geht’s mit interessanten Ideen zum minimalistischen Lifestyle im Kinderzimmer, dem Filmemacher Daniel, der sein Leben wieder in den Griff bekommen wollte und dafür 90 Prozent seines bisherigen Besitzes verkauft hat und dem 50-jährigen Constantin, der in einem acht Quadratmeter großen Wohnwagen auf einer Insel im Tegeler See lebt. Immer noch im ersten Drittel dieses 240 Seiten starken Minimalismus-Guides von Lina Jachmann, der im Knesebeck-Verlag erschienen ist, geht es um das Selbermachen eines DIY-Allzweckreinigers, nachhaltige Tools für die Küche sowie um die Capsule Wardrobe, der spartanischen Variante des althergebrachten Kleiderschranks.
Als bekennender Naturliebhaber haben mich besonders die Kapitel zu den Themengebieten Garten und gesunde Ernährung interessiert. Und ich weiß nun auch, warum Minimalisten ausgerechnet Wasser trinken und bei ihrer allwöchentlichen Nahrungssuche lieber solche Geschäfte wählen, in denen sie die lose gekaufte Ware in mitgebrachten Beuteln, Gläsern und Taschen verstauen können.
Nützlicher Wegbegleiter
Das kann einem schon mal etwas unsortiert vorkommen, wenn ich in dieser Rezension, abweichend von meiner üblichen Verfahrensweise, offenbar wahllos auf einzelne Episoden aus den vier Kapiteln des Buches eingehe:
- Minimalismus & Wohnen
- Minimalismus & Mode
- Minimalismus & Körper
- Minimalismus & Lifestyle
Das scheint aber nur so, da viele Beiträge in diesem Buch quasi ineinanderfließen, aber insgesamt kein unbedingt zu befolgendes Dogma sind. Vielleicht fängt jeder (als angehender Minimalist?!) bei einer Kleinigkeit an, ehe man anschließend mehrere dieser wunderbaren Tipps in die eigene Lebensweise integriert. Das kann sofort, übermorgen oder in ein paar Wochen bzw. Monaten sein, wenngleich dieses Buch nahezu dazu auffordert, sich von überflüssigen Gewohnheiten zu trennen und das bisher lieb gewonnene Wohnumfeld kritisch zu überprüfen. „Einfach leben“ wird dabei eine unterhaltsame wie nützliche Hilfe sein, die es Schritt für Schritt auf dem Weg zum nachhaltigen, entschleunigten Konsum begleitet.
Bildquelle: © Marlen Mueller/ Knesebeck Verlag