So nicht! – Streit um die Immobilienübergabe

Berlin (ots) - Irgendwann gibt es immer ein erstes und ein letztes Mal. Wer eine neue Wohnung oder ein neues Haus bezieht, egal ob als Eigentümer oder als Mieter, der muss zunächst eine Übergabe bzw. eine Abnahme hinter sich bringen. Und wenn er wieder auszieht (verkauft), dann folgt die gleiche Prozedur in die andere Richtung. Diese rechtlichen Nahtstellen werden von vielen Bürgern als Belastung empfunden, weil man sich trefflich über viele Fragen des Zustands der Immobilie und die Übergabeformalitäten streiten kann. Der Infodienst Recht und Steuern der LBS hat für seine Extra-Ausgabe acht zum Thema passende Gerichtsurteile gesammelt.

1. Zu späte Mängelrüge

Wer eine Immobilie als Käufer übernimmt, der sollte sich mit der Mängelrüge nicht unnötig viel Zeit lassen. Ein Paar hatte eine Doppelhaushälfte erworben und während der Abnahme festgestellt, dass nicht – wie vereinbart – alle Fenster mit Rollläden versehen waren, sondern nur die im Erdgeschoss. Erst fünf Monate nach diesem Abnahmetermin rügten die Käufer den Mangel und forderten Kostenersatz für den nachträglichen Einbau. Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein (Aktenzeichen 1 U 125/14) betrachtete das als zu spät und erkannte dem Paar nur den Ersatz eventueller Mangelfolgeschäden zu. Solch ein Ersatz wäre in Frage gekommen, wenn etwaige Mieter ihre Zahlungen wegen der fehlenden Rollläden gekürzt hätten.

2. Übernahme ohne Abnahme

Juristen verwenden gelegentlich den Begriff der konkludenten Abnahme einer Immobilie. Davon spricht man, wenn ein Käufer zwar nicht förmlich die Abnahme erklärt hat, dies aber durch sein Verhalten tut. Eine Eigentümergemeinschaft hatte Mitte der 90er Jahre ein Objekt übernommen und bezogen, ohne dass es zur vereinbarten Abnahme gekommen wäre. Acht Jahre später machte die WEG diverse Mängelbeseitigungsansprüche geltend. Das Oberlandesgericht Bamberg (Aktenzeichen 8 U 23/15) akzeptierte das nicht. Durch Bezug, Nutzung und Bezahlung sei es zur konkludenten Abnahme gekommen. Die Gewährleistungsfrist sei mithin abgelaufen.

3. Verpasste Übergabe

Es mag für Vermieter unangenehm sein, aber gegebenenfalls müssen sie eine Wohnung auch an einem Sonntag übergeben, wenn das Mietverhältnis ab diesem Tag datiert. Ein Mieter hatte den Vertrag platzen lassen, weil der Eigentümer den für ihn sehr wichtigen Übergabetermin nicht möglich gemacht habe. Das Landgericht Berlin (Aktenzeichen 65 S 219/10) gab ihm Recht. Mieter seien oft darauf angewiesen, exakt zum Monatsersten einzuziehen, weil der alte Vertrag zum Ende des vorherigen Monats ende.

4. Verweigerte Rückgabe

Auch nach langen Mietverhältnissen gehen Eigentümer und Mieter nicht immer im Frieden auseinander. Über 30 Jahre hinweg hatten beide im selben Zweifamilienhaus gewohnt, sich dann aber zerstritten. Der Mieter räumte die Wohnung und klingelte bei der Eigentümerin, um die Schlüssel zu übergeben. Diese verweigerte die Annahme, weswegen er die Schlüssel kurzerhand in den Briefkasten warf. Kam dieses Vorgehen einer Rückgabe gleich? Das war im Zusammenhang mit Verjährungsfristen wichtig. Der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen VIII ZR 8/11) sah es nicht so. Es habe sich bei dem Einwurf um ein einseitiges Angebot der Rückgabe von Seiten des Mieters gehandelt, auf das der Vermieter in dieser Form nicht eingehen müsse.

5. Wer zahlt die Kaution zurück?

Immer wieder kommt es nach Beendigung eines Mietverhältnisses zum Streit um die Rückzahlung der Kaution. Besonders verzwickt scheint die Lage, wenn zwischenzeitlich der Eigentümer gewechselt hat. Der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen VIII ZR 143/12) stellte klar, dass unter Umständen auch der frühere Vermieter zahlen muss – zumindest dann, wenn von dem neuen Vermieter die Kaution nicht zu erlangen ist. Solch ein Fall könnte eintreten, wenn dieser von Zwangsverwaltung und Kontopfändung betroffen ist.

6. Verjährte Kautionsansprüche

Grundsätzlich sollte man sich nicht übertrieben viel Zeit lassen, ehe man nach dem Auszug seine Kaution einfordert. Ein Mieter wartete damit vier Jahre – und musste erleben, dass der Eigentümer den Anspruch als verjährt bezeichnete. Das Amtsgericht Remscheid (Aktenzeichen 7 C 71/13) schloss sich dieser Meinung an. Es gelte eine dreijährige Verjährungsfrist, hieß es im Urteil. Und die sei hier in jedem Falle überschritten worden, auch wenn zusätzlich eine zwei- bis sechsmonatige Prüfungs- und Überlegungsfrist einberechnet werde.

7. Bauträger in der Pflicht

Manchmal kann eine Immobilie nicht übergeben bzw. bezogen werden, weil der Bauträger die Arbeiten nicht zum vereinbarten Termin abschließen konnte. Der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen VII ZR 172/13) musste in letzter Instanz entscheiden, wie mit einer zweijährigen Verspätung umzugehen sei. Die Erwerber sollten in eine 136 Quadratmeter große Wohnung umziehen, mussten aber wegen der Verzögerungen in ihrer bisherigen, 72 Quadratmeter großen Wohnung ausharren. Der BGH entschied, dass der säumige Bauträger über die laufende Miete der alten Wohnung hinaus auch noch eine Entschädigung für die entgangene Nutzung der neuen, großzügigeren Wohnung zahlen müsse.

8. Sanierte oder unsanierte Übergabe?

Manchmal vererben sich Mietverträge von den Eltern auf die Kinder. Der Beginn des Vertragsverhältnisses rückt in immer weitere Ferne – und damit auch die Erinnerungen daran. Deswegen stritten nach über 50 Jahren Mietzeit die Parteien darum, ob die Wohnung ursprünglich renoviert oder nicht renoviert bezogen worden sei. Der Eigentümer beharrte auf einer Sanierungsklausel im Vertrag. Das Landgericht Berlin (Aktenzeichen 63 S 114/14) wies in einem Urteil darauf hin, dass es hier am Mieter liege, nachzuweisen, dass die Wohnung beim Einzug unsaniert gewesen sei.

 

Bildquelle: obs/Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen (LBS)

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