Erst ausgesperrt, dann abgezockt: Wie Schlüsseldienste zulangen

Viele haben diese Situation bestimmt schon einmal selbst erlebt oder kennen sie aus Gesprächen mit Verwandten oder Freunden: Der Paketzusteller klingelt, es geht im Laufschritt die Treppen hinunter und auf halber Höhe trifft einen bereits die bittere Erkenntnis, dass sich die Schlüssel nicht in der Hosentasche, sondern am Schlüsselbrett befinden. Drei Stockwerke höher, in der nun verschlossenen Wohnung. Da kann meist nur noch ein Schlüsseldienst helfen. Doch Vorsicht! Experten warnen hier verstärkt vor Abzocke.

Fehler mit Folgen

Glücklich darf sich schätzen, wer schon rein vorsorglich seine Zweitschlüssel bei einem vertrauenswürdigen Nachbarn deponiert hat. Denn sonst heißt die wesentlich aufwendigere Alternative, wenn man sich ausgesperrt hat: Schlüsseldienst! Allerdings wird besonders in den ersten Schreckminuten vieles falsch gemacht, was später noch für großen Ärger mit finanziellen Folgen sorgen kann. Nicht ohne Grund ist das Abzocken durch Schlüsseldienste seit Jahren ein Topthema, wie die Verbraucherschützer warnen. Die Notsituation von Menschen werde dabei mit horrenden Rechnungen schamlos ausgenutzt. Nur einige Beispiele aus jüngster Zeit, von denen in der Presse berichtet wurde:

Stuttgarter Zeitung vom 17. März 2017:

  • 946,76 Euro für eine Türöffnung wegen eines abgebrochenen Schlüssels
  • 1.200,- Euro für drei Öffnungen, weil einem dementen Ehepaar mehrmals innerhalb einer Woche die Tür ins Schloss gefallen war (250,- Euro wären korrekt)

Westfälische Nachrichten vom 19. Januar 2017:

  • 727,- Euro (davon 189,- Anfahrtskosten) berechnet ein Unternehmen aus Münster für einen Notdienst

Schwäbische vom 2. April 2017: (beide Fälle in Villingen-Schwenningen)

  • 1.450,- Euro für eine zwar geöffnete, aber total demolierte Tür
  • 800,- Euro für Türöffnung bei innen steckendem Schlüssel

Kein Geld, kein Service

Auch die Stiftung Warentest hat sich diesem Thema zum wiederholten Male gewidmet, da offensichtlich selbst Gerichtsurteile kaum dazu beitragen, dieser sittenwidrigen Abzocke vieler (deutschlandweit tätiger) Schlüsseldienste nachhaltig entgegenzuwirken. Kunden solcher Firmen berichten darüber, dass sie von unseriösen Handwerkern oft zur sofortigen Barzahlung genötigt wurden. Man schreckt auch vor einer Begleitung zum nächstgelegenen Geldautomaten nicht zurück. Führen keinerlei Druckmittel zum Erfolg, wird die eben geöffnete Tür eben genauso schnell wieder versperrt.

Da hier offensichtlich bereits von einer betrügerischen Absicht ausgegangen werden muss, raten Verbraucherschützer in solchen Fällen, sofort die Polizei zu rufen. Von welchen Kosten Verbraucher bei Notfalltüröffnungen tatsächlich ausgehen müssen, lässt sich dagegen den Preisempfehlungen des Bundesverbandes Metall entnehmen.

Nicht in Panik geraten

Damit niemand unbedarft in die Kostenfalle tappt, sind bestimmte Regeln zu befolgen. Diese sollten auf der Suche nach einem geeigneten Schlüsseldienst für den Notfall stets eingehalten werden:

  • möglichst die im Telefonbuch ganz vorn und womöglich noch mit „AAA“ beginnenden Schlüsseldienste ebenso wie die meist überregional und mit auffällig großen Anzeigen werbenden Unternehmen meiden
  • Kostenfrage und genaue Ankunftszeit vor Ort verbindlich klären (Preise für Anfahrt + Arbeitskosten + Materialkosten)
  • korrekte Rechnung mit Firmennamen ausstellen lassen und niemals(!) irgendwelche Blanko-Dokumente unterschreiben
  • gegen überhöhte Handwerkerrechnungen wehren, indem der zu viel gezahlte Betrag zurückgefordert und notfalls gerichtlich eingeklagt wird

Um einer überteuerten Rechnung formell korrekt zu widersprechen, kann das Musterschreiben der Berliner Verbraucherzentrale genutzt werden. 

 

Bildquelle: © Dan Race - Fotolia.com

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