Urteil: Änderungen der Bauregeln nicht einfach ignorieren

Je nach Art und Umfang eines Bauvorhabens ist es gut möglich, dass vom ersten Spatenstich bis zur Endabnahme eines Projektes viele Monate vergehen. Bei größeren Geschäftsbauten können es mitunter mehrere Jahre sein. Dass sich in unserer schnelllebigen Zeit auch baurelevante gesetzliche Bestimmungen und allgemeine Bauregeln verändern können, liegt auf der Hand. Und wer sollte darüber besser informiert sein als das Bauunternehmen als Auftragnehmer? Das erscheint auf den ersten Blick zwar logisch, dennoch sind solche Regeländerungen immer wieder Anlass für rechtliche Streitigkeiten zwischen den ausführenden Unternehmen und dem Auftraggeber, die häufig vor Gericht enden. Oder, wie im vorliegenden Fall, sogar höchstrichterlich durch den Bundesgerichtshof entschieden werden müssen.

Regeln ändern sich

Neue Regeln gelten sofort nach ihrem Inkrafttreten und – was besonders wichtig ist – auch für einen bereits begonnenen Bau. So liegt es in der Verantwortung des Auftragnehmers, seinen Auftraggeber über die neue Lage zu informieren und zeitgleich die Änderungen bei der Bauausführung zu berücksichtigen, selbst wenn diese zu einer Kostensteigerung des Projekts führen.

Bei dem im November 2017 vor dem Bundesgerichtshof verhandelten Fall ging es um einen im Sommer 2007 fertiggestellten Hallenneubau, bei dem der Gesetzgeber während der Bauzeit die Bestimmungen hinsichtlich der zu berücksichtigenden maximalen Schneelast geändert hatte. Diese lag bei Erteilung der Baugenehmigung im Jahr 2006 entsprechend der bis dahin geltenden DIN 1055-5 bei 80 kg/m2 und wurde in der Neufassung auf 139 kg/m2 erhöht. Dies hätte zwangsläufig zur Folge gehabt, dass die statischen Berechnungen und letztlich auch die zu erwartenden Baukosten in Verantwortung des Bauunternehmens angepasst werden müssen. Dennoch wurde nach den alten Regeln weiter gebaut und darüber hinaus versäumt, den Bauherren bezüglich dieser wichtigen Neuregelungen in Kenntnis zu setzen.

Haftungsfragen vorher klären

Während der späteren Nutzung musste festgestellt werden, dass sich die Dachkonstruktion nach unten hin durchgebogen hatte, sodass der Auftraggeber auf eine Mängelbeseitigung bestand. Diese wurde jedoch von der gegnerischen Partei nicht akzeptiert. Nach dem Lauf durch mehrere Instanzen hatten nun die Bundesrichter eine Entscheidung darüber zu treffen und zu befinden, ob die erbrachte Bauleistung unter den damaligen Umständen mangelhaft war.

Das Urteil: Dass die bekannten Bauregeln eine wesentliche Überarbeitung erfahren hatten, sei in diesem Fall keineswegs überraschend gekommen, sondern mit Ankündigung. Somit hätte für den Auftragnehmer die Möglichkeit bestanden, sich umfassend über die Neuregelungen zu informieren, um danach in Kooperation mit dem Bauherren die weitere Vorgehensweise sowie eventuell damit zusammenhängende Erhöhungen der Baukosten zu vereinbaren. Mit seinem Urteil vom 14. November 2017, Az.: VII ZR 65/14 wurde vom Bundesgerichtshof somit zugunsten des Auftraggebers entschieden. Für den Fall, dass sich der Bauherr gegen eine Verteuerung seines Bauprojektes zugunsten der Einhaltung neuer Regeln ausspricht, bleibt Auftragnehmern die Möglichkeit, das finanzielle Risiko mithilfe einer gerichtsfesten Vereinbarung zur Haftungsfreizeichnung zu minimieren.

 

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