Kein Buchtipp für Perfektionisten: Kraft schöpfen im Garten

Gehörst Du, lieber Leser, zum Kreis begeisterter Gartenenthusiasten, die bei den ersten Strahlen der Frühlingssonne an nichts weiter denken, als die neuen Sämlinge für Tomaten, Gurken und all die anderen gesunden Schlemmereien nur schnell in die Anzuchtgefäße zu bekommen? Dann ist dieser Buchtipp vielleicht nichts für Dich. Denn in seinem Ratgeber "Durch Gärtnern zur Achtsamkeit" versucht Lars Weigelt zu zeigen, dass ein Garten mehr ist als nur ein Exerzierfeld für Pflanzarbeiten und man auch einmal innehalten sollte. In unserer schnelllebigen Zeit ist das wahrlich keine Selbstverständlichkeit mehr. Aber kann die Mission gelingen?

Auf der Suche nach dem Gartenglück

Wer sich begeistert den Stress mit allzeit perfekten Gemüsebeeten oder Blumenrabatten machen möchte, einfach nur drauf losackert und in seiner Eile die Vielfalt der Natur nicht wirklich bewusst genießen will, muss dieses Buch nicht unbedingt lesen. Mich hatte bereits der Titel recht neugierig gemacht. Zählte ich mich doch bis vor ein paar Jahren ebenfalls zu der eingangs beschriebenen Spezies, die alles daran setzt, auch das letzte freie Quentchen Gartenland optisch eindrucksvoll und ertragreich zu gestalten. Nur hatte ich damals nicht dieses wertvolle Buch, das dem Leser in einer sehr verständlichen Sprache beschreibt, wie er das Gartenjahr auf seiner Parzelle so gestaltet, dass sie ihm Rückzugsraum, Kraftort und Inspirationsquelle gleichzeitig wird.

Der Ende Februar im Christian Verlag München erschiene Ratgeber vermittelt eine Vielzahl von Gartenglücksfaktoren und zeigt auf, wie und warum wir die Natur getrost Natur sein lassen dürfen und es sogar sollten. Keine Anleitung zur Faulheit, aber vollgespickt mit allerlei To-do-Listen, die zum Umdenken vermitteln und es logisch erscheinen lassen, dass Herbstlaub eben nicht immer schön beiseite geräumt sein muss und Gartenglück mitunter darin besteht, wenn nicht nur für die eigenen Nahrungsmittelvorräte geackert, sondern auch für das überlebenswichtige Futter für unsere Vögel, Bienen und Kleinsäugetiere gesorgt wird.

Der Garten als Seelenort

Seelenfutter an Seelenorten – vielen Freizeitgärtnern ist dieser Leitspruch vermutlich vollständig fremd, ähnlich dem Motto der Kirchenlehrerin Theresa von Avilla: „Man muss dem Körper Gutes tun, damit die Seele Lust hat, darin zu wohnen." Der Buchautor Lars Weigelt bringt es auf den Punkt und zwei seiner prägnantesten Sätze möchte ich an dieser Stelle unbedingt wörtlich zitieren, da sie die Quintessenz bilden, um den eigenen Garten bewusst zu erleben und zur Ruhe zu kommen: „Sicher, die Voraussetzungen für eine einladende Baumschaukel finden sich (leider) nicht in jedem Garten, jedoch bieten sich noch allerlei weitere Dinge zur Ausschmückung oder -gestaltung proaktiver Seelenorte an. Hängematte, Windspiel (selbst gemacht), Barfußpfad, selbst gemachte Wege durch Wildblumenwiesen, Bauern-Blumen-Kräuter-Garten, Wassertretbecken, Baum-Sitz-Bank, Wasser in all seinen Facetten... alles, was die Seele in ihrer Tiefe berührt, einen einlädt, sich und den Moment bewusst zu erleben, ist wahres Seelenfutter“.

Damit das bewusste Durchatmen zu jeder Jahreszeit gelingt, ist das Buch in vier Jahreszeiten-Kapitel gegliedert, von denen jedes unzählige Inspirationen vermittelt, wie sich der Gartenalltag von Frühling, Sommer, Herbst und Winter bewusst erlebbar und im Einklang mit sich selbst gestalten lässt. Leicht verständlich und sofort nachvollziehbar, sofern der Leser es bei sich zulässt, werden die Grundregeln vom Nichtstun und Innehalten vermittelt, was dann wiederum mit Faulheit überhaupt nichts zu tun hat.

Einfach mal nichts tun

Die beinahe spartanisch einfache Sprache im Zusammenspiel mit den jederzeit Ruhe vermittelnden, aber dennoch sehr hochwertigen Fotos machen dieses Buch zu einer kurzweiligen Lektüre, die auf ihren 192 Seiten zu einem achtsamen, unperfekten Gärtnern motiviert. Dabei muss die Gesamtheit der Anregungen nicht 1:1 und schon gar nicht sofort übernommen werden. Selbst die kleinen Schritte machen durchaus Sinn, damit der Sprung zum kreativ-produktiven Gärtnern erfolgreich gelingt.

Bevor man „Durch Gärtnern zur Achtsamkeit“ ein erstes Mal zur Hand nimmt, um darin zu blättern, sollte man sich einfach ein wenig Zeit gönnen. Wie wäre es mit einem völlig planlosen Spaziergang durch den Garten, ohne Werkzeug oder Blumensamen in der Hand? Einmal dort verweilen, einfach nur solange man möchte, zum Sehen, Hören, Fühlen und Riechen. Und das beeindruckende Naturerlebnis am besten ohne Begleitung auf sich einwirken lassen. Dann wäre der erste Schritt im Sinne dieses etwas anderen Gartenbuchs bereits erfolgreich getan!

 

Bildquelle: Christian Verlag/ diybook*

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