Mehr Power muss nicht: Ein Plädoyer für Akku-Kettensägen
Kettensäge mit Akku: Geht das?
Die Kettensäge ist längst nicht mehr nur ein Profiwerkzeug für Waldarbeiter. Ganz im Gegenteil! Jeder, der einen etwas ausgedehnteren Garten sein Eigen nennt (oder einen solchen auf Vordermann bringen will), profitiert von einem Werkzeug, dessen Power und scharfe Sägezähne selbst aus ganzen Stämmen binnen weniger Augenblicke Kleinholz macht. Überdies wird auch jeder eine Motorsäge zu schätzen wissen, der zu der steigenden Zahl von Kaminofenbesitzern gehört – denn das teuerste Holz ist natürlich das, das man ofenfertig zersägt und gespalten angeliefert bekommt. Bereits wer sich gespaltene Meterstücke kauft und diese in Eigenregie auf Ofenmaß zersägt, kann viele Euros sparen.
Doch für die meisten Menschen gibt es nur einen angemessenen Antrieb für die Kette: den Zweitakt-Benzinmotor, der erst dafür sorgt, dass aus dem Werkzeug das sprichwörtliche „Fichtenmoped“ wird. Alle anderen Antriebsarten, allen voran der Akku, werden von so manchem Heimwerker nur mit Spott betrachtet. Ein solches „Elektrospielzeug“ für harte Sägearbeiten? Niemals! Dabei sollten wir uns am Anfang die Frage stellen: Wofür brauche ich die Kettensäge? Auch die Akku-Kettensäge hat einige Vorteile – insbesondere bei alltäglichen Gartenarbeiten, bei denen Benziner manchmal unschön dastehen.
Benzin-Motorsäge: Ohne Alternative?
Natürlich, wer sich heute für viel Geld eine Marken-Kettensäge kauft, der will damit in aller Regel ernsthafte Arbeit angehen. Für alles andere wäre die Kettensäge auch ein zu gefährliches Werkzeug. Aber wenn wir alle ganz ehrlich sind, dann ist eines der wichtigsten Argumente für den Benzinmotor doch immer dasselbe: der Spaßfaktor und die Power, die hinter der Säge stecken!
Bei Akkusägen kommt oft der gleiche Grund zum Tragen, den viele an reinen Elektrofahrzeugen monieren: Es klingt einfach nach nichts! Allerdings sollte man sich die Frage stellen, ob es wirklich sinnvoll ist, etwas so Nüchternes wie ein Gartenwerkzeug nach einem so emotionalen Gesichtspunkt zu bewerten, ihn vielleicht sogar zum Haupt-Kaufkriterium zu machen. Würde man das beim Rasenmäher machen? Oder beim Laubbläser? Eher nicht! Nur die Kettensäge soll in den Augen des Nutzers „Sound haben“. Klar muss auch das Arbeiten mit der eigenen Säge Spaß machen – so wie jede DIY-Arbeit. Aber braucht es dafür wirklich ohrenbetäubendes Zweitakter-Kreischen?
Akku-Geräte in der Spezialistenrolle
Ein typisches Argument lautet: Mit der Akku-Kettensäge kann man leistungsmäßig keine großen Erfolge erzielen. Doch das ist falsch! Hierbei muss auch immer die konkrete Aufgabe ins Auge gefasst werden. Es sollte ja schon stutzig machen, dass Akku-Kettensägen längst nicht mehr als Elektro-Spielzeug gelten, sondern zum festen Sortiment aller großen Forstwerkzeug-Hersteller gehören. Würden Kettensägen-Experten ernsthaft ihren über Jahrzehnte gewonnenen globalen Ruf bei Amateuren und vor allem Profis aufs Spiel setzen und etwas auf den Markt werfen, das nicht wirklich die Leistung liefern kann, die es braucht?
Bediensteten der bayerischen Staatsforsten ist ein Akku in gewissen Situationen sogar ungleich lieber als der Zweitakter. Das gilt etwa in der Jungbaumpflege, wo die kompakten Geräte ihre Stärken ausspielen können. Gerade wenn man den ganzen Tag mit den Maschinen arbeitet, fällt zudem schnell auf, wie erholsam es ist, nicht die ganze Zeit Abgase schlucken zu müssen. Und es dürfte unstrittig sein: Wären Akku-Sägen wirklich das behauptete „Spielzeug“, würden Profis die Nutzung sicherlich nicht ernsthaft in Erwägung ziehen.
Die Sache mit dem Kraftstoff
Mit einem 5-Liter-Kanister an die Tankstelle fahren, dort an der Zweitakt-Säule 1:50-Gemisch zapfen und zuhause die Kettensäge befüllen – das, was so noch in vielen Köpfen als Automatismus drinsteckt, scheitert heute immer häufiger daran, dass Gemisch-Zapfsäulen eine aussterbende Gattung sind. Man ist also zumindest gezwungen, zuhause mit Benzin, Öl und Mischbehälter zu agieren – nicht nur ein schmutziger, stinkender Job, sondern auch ein brandgefährlicher obendrein.
Tatsächlich dürfen jedoch viele moderne Benziner-Sägen herstellerseitig gar nicht mehr mit diesem konventionellen und nur wenige Wochen lagerfähigen Sprit betrieben werden. Sie brauchen Sonderkraftstoff, der sich schon deshalb empfiehlt, weil er weniger schädliche Abgase produziert. Allerdings kostet das Gemisch pro Liter rund 4 Euro. Und die Preisspirale kennt bekanntlich nur einen Weg: bergauf! Ja, an diesem Punkt wird man als Besitzer einer Benzin-Kettensäge sogar Teil der ganz großen Politik. Zwar ist es nicht mehr so sicher, dass es wirklich ein globales Fördermaximum gibt – den sogenannten Oil-Peak. Völlig unstrittig ist jedoch, dass Öl und damit Kraftstoff immer teurer/ unattraktiver werden. Den Akku dagegen kann man ganz einfach ohne jede Gemisch-Alchemie aus dem Ladegerät nehmen und einstecken.
Einsam in der Wildnis? – Die Stromversorgung
Viele Verächter der Akku-Säge argumentieren, dass diese lange laden muss. Stimmt, mit der kurzen Befülldauer eines Kraftstoff-Tanks kann kein Akku mithalten. Allerdings handelt es sich hier für heimische Selbermacher um ein Schein-Argument. Denn kaum ein Hobby-Holzfäller ist so weit von jeglichen Stromquellen entfernt, dass er zeitlich wie räumlich auf einen Kanister mit Kraftstoff angewiesen wäre.
Die meisten Privatnutzer verwenden eine Kettensäge in Garten und Hof – keine zwei dutzend Meter von der nächsten Steckdose entfernt. Mit einem zweiten Akku, der lädt, während man mit dem anderen sägt, verliert das Argument viel von seiner Zugkraft. Und man muss nicht einmal den Benzinkanister mit zum „Einsatzort“ schleppen. Zwar blieben die Nutzungszeiten von Akkus mit durchschnittlich 30 Minuten bislang vergleichsweise gering. Doch dank steigender Kapazitäten und mit einem Wechsel-Akku im Gepäck lassen sich dennoch ausgedehntere Säge-Sessions einrichten.
Nie wieder Startschwierigkeiten
Als Selbermacher nutzt man seine Kettensäge in den seltensten Fällen täglich – meist nicht einmal monatlich. Und jeder Benziner-Besitzer kennt das: Bis die Säge nach einigen Monaten Ruhepause anspringt und sauber läuft, sind oft nervenaufreibend viele Züge am Starter vonnöten – wenn man nicht noch Zündkerzenreinigung betreiben muss. Je weniger man zu sägen hat, desto mehr nervt dieses Prozedere. Zehn Minuten Startversuch für zwei Schnitte am ausufernden Walnussbaum – das steht leider in keinem Verhältnis zueinander.
Ein Grundproblem dabei: Zweitakt-Gemisch enthält zwingend Öl, das bei Kälte jedoch noch zähflüssiger wird und damit nach gewisser Standzeit zuverlässig Vergaser und Co. verstopft. Und weil die Benziner-Säge aus vielen Teilen besteht, ist die Fehlersuche ein langes Unterfangen. Die Wartung ist dabei noch gar nicht einberechnet: Eine Benzin-Kettensäge muss in gleichen Abständen zu einem Fachmann wie das Auto. Klar, die Wartung darf auch bei einer Akku-Säge nicht ausbleiben. Aber das ist bei aller Fairness ein wesentlich seltenerer und günstigerer Job. Und wenn man einen frischen Akku hineinsteckt, muss man nur den „Gashebel“ betätigen und die Werkzeuge springen sofort beim ersten Versuch an. Einziger Wermutstropfen: Wie auch beim großen Bruder muss man bei der Akku-Kettensäge immer darauf achten, dass genügend Kettenöl geladen ist.
Fazit
Für Heimwerker und Besitzer überschaubarer Gärten ist die Akku-Kettensäge in den allermeisten Fällen eine sinnvolle Wahl. Denn das Verhältnis zwischen Stärken und Schwächen schlägt gerade in einem DIY-Umfeld stark in erstere Richtung aus. Für das, was Otto Normalverbraucher zuhause bearbeitet, braucht er schlicht keine Benziner-Säge, die ihn in der Unterhaltung viel kostet, ihm lautstark Stress mit den Nachbarn beschert und überdies durch die seltenen Einsätze auch noch zu problematischer Fehlersuche zwingt.
Eine Akku-Kettensäge hält für den Garteneinsatz zwischendurch eine ausreichende Leistung bereit und ist in Sachen Mobilität ebenso flexibel wie die Benzin-Motorsäge. Tatsächlich kann das kürzere Schwert bei vielen Gartenarbeiten wie Zuschnitt oder Feuerholzbereitung sogar von Vorteil sein. Es nützt also nichts: Vor dem Kauf muss immer die Frage stehen: Was brauche ich wirklich?
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