Baufinanzierung: So lassen sich 6 typische Stolperfallen vermeiden
1. Zu geringe Eigenmittel
Viele vergessen, dass es sich bei der Aufnahme eines Kredites um eine Geschäftsbeziehung auf Augenhöhe handelt. Die Bank handelt hier keineswegs selbstlos, denn man verschafft dem Kreditinstitut dadurch auch einen guten Gewinn. Schließlich muss man Zinsen zahlen. Das fälschliche Empfinden, als Bittsteller zu kommen, nutzen manche Banken jedoch aus, indem sie für Baukredite mit geringer bis gar keiner Eigenkapitaleinlage werben, sogenannten Vollfinanzierungen.
Sicherlich gibt es für ein derartiges Finanzprodukt eine Existenzberechtigung – nicht jedoch beim typischen Hausbauer-Pärchen Anfang bis Mitte 30, verheiratet, beide berufstätig. Denn es gelten folgende Regeln:
- Bei der Vollfinanzierung stellt die Immobilie die einzige Sicherheit dar. Dieses Risiko gehen Banken nur gegen stark erhöhte Zinsen ein.
- Man muss sich mehr leihen, zahlt länger ab und zudem eine weitaus höhere Zinssumme.
- Selbst geringe Anstiege des Zinsniveaus können die ursprüngliche Berechnung kippen lassen.
In Anbetracht dieser Aussichten sollte man alles daransetzen, Eigenmittel aufzubringen – im Zweifelsfall durch vorzeitige Auszahlung eines Erbes, Auflösung von Lebensversicherungen, etc. Als Mindestmaß sollte man die Baunebenkosten (etwa für den Notar) selbst bestreiten können. Mehr ist jedoch immer besser!
2. Zu einfache Vergleiche
Vergleichen ist immer gut, doch manchmal sieht es allzu verführerisch aus. An diesem Problem ist vor allem die Internetkultur schuld. Denn wo früher der Bankmitarbeiter alleiniger Ansprechpartner war, werben heute zahllose Vergleichsportale um Kunden, auch unter angehenden Bauherren. Das Portal Kreditheld.de zeigt ganz gut, woran es hierbei hapert: Die Vergleichsportale vereinfachen oftmals zu stark und sind dabei viel zu unspezifisch.
Kredithöhe, Laufzeit, Tilgungsrate: Mehr muss man dort am heimischen Rechner nicht eingeben und bekommt sofort eine Auswahl an Angeboten präsentiert. Die eigene Lebenssituation, Schufa-Score, Alter, Wert der geplanten Immobilie –all das, was ein Bankberater mit einbezieht – bleiben unberücksichtigt. Im besten Fall liegen dann zwischen veranschlagtem und tatsächlichem Angebot „Welten“. Im schlechtesten Fall jedoch übernimmt man sich finanziell. Besser ist es, sich an professionelle Baufinanzierer zu wenden – und persönliche Beratungen wahrzunehmen. Diese Zeit sollte man sich für die sechsstelligen Beträge, die man sich für ein Haus leihen muss, immer nehmen!
3. Zu wenig Puffer
Dieser Punkt erfordert doppelte Aufmerksamkeit, denn der finanzielle Puffer bezieht sich auf zwei unterschiedliche Punkte:
- Den finanziellen Spielraum, den man für die monatliche Abtragungsleistung einplant. Hier sollte man niemals so kalkulieren, dass man alles, was einem nach Abzug der Lebenshaltungskosten bleibt, in die Abtragung steckt. Auch Lebenshaltungskosten können steigen, zudem kann immer etwas unvorhergesehen kaputtgehen.
- Die Summe, die man letztendlich bei der Bank leiht. Gerade die Zusammenarbeit mit sogenannten Bauträgern, die alles aus einer Hand anbieten, verführt dazu, die veranschlagten Preise als endgültig anzusehen. Meist jedoch kommen noch zusätzliche Summen hinzu, sodass man teuer nachfinanzieren muss.
Für den ersten Punkt empfehlen die meisten Experten, einen Puffer von 15 bis 20 Prozent des monatlich zur Verfügung stehenden Gehalts einzuplanen. Was den zweiten Punkt anbelangt, sind zehn Prozent der Bausumme als finanzielle Reserve ein guter Wert. Allerdings sollte man mit der Bank unbedingt ein Sondertilgungsrecht vereinbaren, damit man unerwartete Überschüsse unbürokratisch (und kostenlos) in die Tilgung stecken kann.
4. Zeitfaktor missachtet
Von dem Moment, an dem man seine Unterschrift unter den Vertrag für die Baufinanzierung setzt, bis zu dem Punkt, an dem man den ersten Euro nutzt, entstehen der Bank bereits Kosten. Aus Sicht des Instituts ist die Gesamtsumme bereits fest verbucht und kann nicht mehr genutzt werden, um damit zu arbeiten. Auch das lassen sich Kreditinstitute bezahlen, in Form des Bereitstellungszins – höchstrichterlich vom BGH abgesegnet.
Besonders bei Hausbau-Darlehen, die häufig in Teilsummen freigegeben werden, kann das teuer werden. Denn in Anbetracht des derzeitigen Bau-Booms ist es nicht abwegig, dass es auf der Baustelle zu Verzögerungen kommt. Vielleicht werden Handwerker auf der vorherigen Baustelle nicht pünktlich fertig, vielleicht sind wichtige Materialien aufgrund der Nachfrage nicht lieferbar. Die Gründe sind mannigfaltig und treffen alle Hausbautypen, wenngleich Massivhäuser einem etwas größeren Risiko unterliegen.
All diese Verzögerungen kosten Bereitstellungszinsen, weil man sein Geld nicht direkt nutzen kann. Der einzige Schutz dagegen ist es, bei der Angebotssuche auch einzubeziehen, wie lange die bereitstellungszinsfreie Zeit des jeweiligen Anbieters ausfällt. Mindestens zwölf Monate sollten es bei einem Massivhaus sein.
5. Selbstüberschätzung bei der Eigenleistung
Unsere Leserinnen und Leser sind meistens eingeschworene Selbermacher. Und je länger man dieses Hobby betreibt, desto sicherer wird man natürlich darin – im Sinne dieses Artikels jedoch oft trügerisch sicher. Denn gestandene Heimwerker werden ihre Talente mit in die Bauplanung einbeziehen wollen – schließlich ist das Wort „Muskelhypothek“ wohlbekannt. Und wer könnte an seinem Haus besser durch Eigenleistung Geld sparen als jemand, der schon lange routiniert heimwerkt?
Das Problem an dieser Denkweise ist nicht mal so sehr die Qualität der Ausführung. Wer seit Jahr und Tag heimwerkt, erst recht mit unseren Bauratgeber-Artikeln zur Unterstützung, kann durchaus auf Handwerker-Niveau arbeiten. Woran es eher hapert, ist Folgendes:
- Selbst als sehr routinierter Heimwerker fehlt einem doch die Routine, die ein Profi in diesem Gewerk hat. Das zeigt sich darin, dass man für die gleichen Arbeiten praktisch immer mehr Zeit benötigt.
- Der Profihandwerker führt seine Arbeiten als Beruf aus. Für die Muskelhypothek muss man jedoch neben seinem eigentlichen Job anpacken. Die dadurch verlorengehenden Feierabende, Wochenenden und Urlaubstage sind enorm kräfteraubend und tragen ebenfalls zu mehr Zeitaufwand sowie Fehleranfälligkeit bei.
Auch wenn es einen bei seiner „Heimwerkerehre“ packt, sollte man seine Eigenleistung sehr zurückhaltend einplanen. Gerechnet wird der doppelter Zeitaufwand wie beim Profi. Außerdem sollte so kalkuliert werden, dass man wenigstens einen Tag pro Woche komplett frei hat. Sonst brennt man innerlich nur aus. Und der Spaß, den man eigentlich dabei empfindet, an seinem Haus selbst zu arbeiten, schlägt in Frust und Zwang um.
6. Weitere gern gemachte Fehler
- Häufig vom Bauplan abweichen und auf Extras setzen: Die zusätzlichen Summen läppern sich!
- Sich eine viel zu kurze Zinsbindungsfrist aufschwatzen lassen: Je niedriger die Zinsen bei Vertragsabschluss, desto länger sollte die Bindung sein!
- Das Umfeld des Hauses vernachlässigen: Auch Garten und Co. kosten Geld!
- Kleingedrucktes übersehen: Manche Bauverträge exkludieren Zusatzkosten wie Erschließung, Baustelleneinrichtung und dergleichen.
- Fördermittel vergessen: Jedes Bauprojekt sollte auf mögliche Fördermittel abgeklopft und diese auch einbezogen werden – vor Beantragung des eigentlichen Kredits.
- Justierbare Kredite ignorieren: Hier kann die monatliche Rate (mehrmals) angepasst werden!
Letztendlich ist ein Haus eine sehr teure Anschaffung, und da muss sich der gesunde Menschenverstand einschalten. Wenn so viel Geld im Spiel ist, sollte man niemals versuchen, komfortable Abkürzungen zu nehmen. Denn in der Regel sind diese sprichwörtlich zu schön, um wahr zu sein. Grundsätzlich sollten Baufinanzierungen daher immer mit minimalen Risiken angegangen werden.
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